Durch den material turn und die Suche nach authentischer historischer Substanz kam es in den letzten Jahren zu einer Aufwertung der archäologischen Funde und Befunde gegenüber den seit den Anfängen der Geschichtswissenschaft überwiegend präferierten Schriftquellen. Die Archäologie sowie ihre Praktiken und Techniken der Massendinghaltung (Bergung, Dokumentation, Klassifikation, Archivierung, Auswertung und Präsentation von Funden) erfahren eine bis dato so nie gekannte Aufmerksamkeit. Gleichzeitig orientiert man sich in der Archäologie bei den Versuchen, den Zeugniswert materieller Hinterlassenschaften zu bestimmen, jedoch immer noch an den Altmeistern der historischen Zunft, Johann Gustav Droysen und Ernst Bernheim, und verwendet auch heute noch ihre primär für Schriftquellen entwickelte Systematik. Ziel des Vortrages soll es sein, den spezifischen Quellencharakter materialer historischer Überlieferung in Form von Dingen und die ihnen inhärenten Artikulationsformen des Vergangenen auf Grundlage der neuen Ansätze und Theorien der material culture studies zu erörtern – ohne dabei die den Dingen innewohnende Bescheidenheit durch das Pathos des Authentischen abzulösen und die Konstruktionsvorgänge der vermeintlich objektiv gegebenen, unmittelbar und wahrhaftig auf uns überkommenden historischen Dingwelten unberücksichtigt zu lassen.